Einen Tag beim Pferderennen

10. September 2024

Manchmal kann man Glück und Können relativ leicht voneinander unterscheiden, manchmal nicht.

 

Ein einfaches Gedankenexperiment sensibilisiert uns für das Problem:

Nehmen wir an, jemand sagt 20 Münzwürfe hintereinander richtig voraus. Ist das jetzt Glück oder Können?

Sowas ist Glück, da sind wir uns wohl alle einig

  • Ein Darts-Champion der 180 Punkte wirft? Dann würden wir wahrscheinlich sagen, dass dies das Ergebnis von Können und unzähligen Stunden Training ist.
  • Gewinnen am Roulettetisch? Glück.
  • Ein professioneller Spieler, der beim Pokern gewinnt? Können – und etwas Glück.
  • Ich, wenn ich bei meinem ersten und einzigen Golfspiel den Ball direkt vom Abschlag weg einloche? Reiner Dusel
  • Tiger Woods, wenn er ein ebensolches „Hole-in-One“ schlägt? Ein bisschen Glück, ja, aber Tiger Woods schafft es auch immer wieder, in die Nähe des Pins zu kommen.

Also spielt Können definitiv auch eine große Rolle.

 

Und wie ist es im Fondsmanagement?

Angenommen, ein Fondsmanager ist sehr erfolgreich. Liegt es dann daran, dass er sich immer im richtigen Moment konträr zum Markt verhält? Hat er einfach Glück mit den Aktien, die er aussucht? Oder ist es eine Kombination aus beidem?

In einem vergangenen Versuch, Glück und Können im Fondsmanagement voneinander zu trennen, kamen Fama und French (2010) zu einem ähnlichen Ergebnis.Zwar schien ein kleiner Teil der Manager in der Studie tatsächlich Renditen zu erzielen, die sich nach Abzug von Gebühren, Kosten und Risiken nicht allein auf Glück zurückführen ließen. Allerdings war die Zahl dieser Manager geringer, als man es bei einer rein zufälligen Ergebnisverteilung erwarten würde.Wenn nun aber, wie diese Studien offenbar zeigen, Mehrrenditen eher auf Glück als auf Können zurückzuführen sind, warum halten dann einige Leute immer noch an der gegenteiligen Überzeugung fest?

Die Forschungsliteratur zur Verhaltensfinanz (Behavioural Finance) belegt den Einfluss psychologischer und emotionaler Faktoren auf unsere Anlageentscheidungen.

Das führt häufig dazu, dass Anleger die Bedeutung von Können überschätzen. Diese Selbstüberschätzung lässt sich zum Teil durch unseren angeborenen Wunsch nach Kontrolle und unsere Vorliebe für Erzählungen erklären, die Ergebnisse lieber menschlichem Handeln als dem Zufall zuschreiben. 

Für manche ist es beruhigend zu glauben, dass man nur genügend Wissen, Fachkompetenz oder Informationen benötigt, um den Markt immer wieder zu übertreffen.

Und Erfolg kann berauschen, wie ich selbst einmal erlebt habe, als ich mit meinem Team vor einigen Jahren einen Tag beim Pferderennen verbracht haben. Durch reines Glück und zu meinem eigenen Erstaunen habe ich tatsächlich in mehreren Rennen hintereinander auf den richtigen Sieger getippt.

Natürlich riss meine Glückssträhne irgendwann ab, aber wenn man eine Glückssträhne hat und in den Genuss entsprechender Belohnungen kommt, dann braucht man schon viel Selbstdisziplin, um dem Gedanken zu widerstehen, man hätte vielleicht ein Händchen dafür. Man beginnt zu verstehen, warum es so verlockend ist, die Grenzen zu verwischen.

Im Fondsmanagement ist das Gleichgewicht zwischen Glück und Können von entscheidender Bedeutung.

Anleger und Berater sollten die Anlageergebnisse eines Fonds mit einem gesunden Maß an Skepsis betrachten.

Wir halten eine systematische Anlagestrategie für die beste Lösung.

Denn bei einem systematischen Prozess haben Anleger die Gewissheit, dass Sie nicht für Glück zahlen, das wie Können aussieht – sondern für Entscheidungen, die auf Basis einer soliden Theorie, empirischen Belegen und einer robusten Anlagephilosophie getroffen wurden.

Auch wenn das vielleicht nicht so dramatisch und aufregend ist wie ein Tag auf der Pferderennbahn – oder das Äquivalent im Fondsmanagement: Die Wahrscheinlichkeit, dass Anleger eine erfolgreiche und weniger stressige Investmenterfahrung haben, ist dabei wohl höher.